Zum Gespräch bei Heynckes: Das Beste kommt zum Schluss!
Persönlicher Fußball-Blog von Christian Falk - Fußball-Chef der BILD-Gruppe. Insider-Berichterstattung über den FC Bayern München und der DFB Nationalmannschaft.
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Zum Gespräch bei Heynckes: Das Beste kommt zum Schluss!

Zum Gespräch bei Heynckes: Das Beste kommt zum Schluss!

Eine Stunde und 41 Minuten habe ich auf Band, als ich die Aufnahmefunktion beim Interview mit Jupp Heynckes ausschalte. Der Bayern-Trainer hat es noch immer nicht eilig, was unsere Runde freut. Wenn die Tonbänder, die heute meist Iphones heißen, aus sind, menschelt es auch zwischen Trainern und Reportern. Im Interview sprachen wir mit Heynckes zuvor über seine Zukunft und die Zukunft des FC Bayern. Nun, plaudern wir über die Vergangenheit und Themen, für die ansonsten meist keine Zeit ist. Den offiziellen Teil haben wir mit Elvis Presley beendet – und mit Musik geht es weiter.

Auszüge aus dem Interview: Heynckes über seinen Rücktritt im Sommer und seine Bewertung von Thomas Tuchel

Heynckes erzählt, dass er zuletzt in den Fitness-Raum an der Säbener Straße zum Workout drei CDs mit insgesamt rund 250 Liedern mitbrachte. Die Auswahl muss bei den Spielern zumindest keinen Schock ausgelöst haben, denn selbst FCB-Musik-Großmeister Jerome Boateng nickte anerkennend. Heynckes beschallte das Trainingszentrum mit Country-Musik über Sammy Davis Junior, The Hollys, Elton John, Bruce Springsteen, Led Zeppelin bis: Udo Jürgens. Der 72-jährige Coach kommt bei Jürgens regelrecht ins Schwärmen und überrascht uns, was für eine besondere Beziehung er zu dem deutschen Schlager-Star pflegte.

Meine Generation verbindet Jürgens und Fußball vor allem mit dem WM-Song „Wir sind schon auf dem Brenner“, der er zusammen mit den singenden Nationalspielern für das Turnier in Italien 1990 aufnahm. Für Heynckes liegt „Buenos Dias Argentina“ näher, dass für die WM 1978 mit dem Schlagerstar und dem DFB-Team eingespielt wurde. Dafür gab’s sogar Platin. Während es für andere Kollegen mit dem Ausflug in die Hitparade getan war, kreuzten sich die Wege von Heynckes und Jürgens immer wieder, zuletzt in Düsseldorf.

Interview auf der Bayern-Geschäftstelle. Kollegen von rechts: Tobi Altschäffl, Raimund Hinko.

Interview auf der Bayern-Geschäftstelle. Kollegen von rechts: Tobi Altschäffl, Raimund Hinko.

Udo trat für die Spieler der Titel-Mannschaften von 1954, 1974 und 1990 zum Privat-Konzert auf. Danach trank er mit seinem alten Bekannten Jupp ein Bier an der Bar und lud dessen Frau und ihn für sein Konzert ein. Die beiden Tickets hat Heynckes heute noch zu Hause. Denn dieser Auftritt sollte nie stattfinden. Jürgens verstarb am 21. Dezember 2014. Ich erinnere mich selbst noch gut daran, da ich plötzlich ohne Weihnachtsgeschenk für meine Schwiegermutter dastand, der ich ebenfalls Karten für die „Mitten im Leben“-Tour am 15. März in München besorgt hatte. „Ja, das war auch mein Konzert“, sagt Heynckes und man sieht seinen Augen an, dass ihm gerade ein paar Jürgens-Melodien durch den Kopf klimpern.

Nirgendwo, fährt Heynckes fort, habe er zu Hause im Schwalmtal Bilder aus seiner aktiven Karriere. Nur in seinem Fitness-Raum gibt es ein gerahmtes Foto. Mit Schlappen ist Heynckes darauf zu sehen, zusammen mit Günter Netzer und Udo Jürgens in „Lovers Lane“, dem legendären Gladbacher Nachtklub, den Netzer noch während seiner aktiven Zeit bei der Borussia betrieb. „Ich, in der Disco!“, ruft Heynckes mit nun regelrecht strahlenden Augen aus. „Das war das einzige Mal!“ Auch die vielen weiteren Einladungen von Netzer änderten daran nichts. Er sei so krankhaft ehrgeizig gewesen, räumt Heynckes ein, dass er sich zu Spielerzeiten nie ein Nachtleben gegönnt habe. Selbst auf seiner Party zum 30. Geburtstag habe er sich im eigenen Haus um 23 Uhr in den Schlafbereich verabschiedet und den Gästen noch ein frohes Feiern gewünscht. Zwei Tage später hätte er ja ein Bundesliga-Spiel gehabt. Auch eine Anekdote von Netzer und Sinatra aus Gladbacher Zeiten hat Heynckes auf Lager, die ich sogar ergänzen kann. Günter Netzer hatte sie mir einst bei einem Termin selbst erzählt.

Netzer war schon Spielmacher bei Real Madrid und wollte unbedingt zu einem Konzert von Frank Sinatra. Er flog dafür mitten in der Saison mit einem Privatjet in die USA. Da er mit Sinatra-Tochter Tina gut bekannt war, bekam er exklusive Karten für die erste Reihe. Das sollte ein Problem werden: Die Show wurde weltweit live im Fernsehen ausgestrahlt. Statt entspannt den Songs von „Old blue eye“ zu lauschen, war Netzer während des Konzerts mehr damit beschäftigt, sich von der Kamera abzuwenden, um nicht aufzufliegen.

Heynckes lacht herzhaft über die Geschichte: „Das sieht dem Langen ähnlich! Er war ein Genie, wenn auch ein schlampiges. Das weiß er aber auch selbst.“

Lovers Lane, Heynckes & Netzer, Sinatra, Led Zeppelin – diese Gespräche sind Geschenke für Reporter am Rande von Interviews und einer der Gründe, diesen Job so sehr zu lieben.

Das Interview mit Heynckes zu Fußball-Themen und den FC Bayern lesen Sie auf sechs Seiten in der aktuellen SPORT BILD.

Mit Dank für das lange Gespräch: Jupp Heynckes verabschiedet sich nach fast zwei Stunden Interview. Rechts: Raimund Hinko. Hinten: Pressesprecher Dieter Nickles

Mit Dank für das lange Gespräch: Jupp Heynckes verabschiedet sich nach fast zwei Stunden Interview. Rechts: Raimund Hinko. Hinten: Pressesprecher Dieter Nickles