Auge verrät: Van Gaal war sein Gag-Vorbild
Persönlicher Fußball-Blog von Christian Falk - Fußball-Chef der BILD-Gruppe. Insider-Berichterstattung über den FC Bayern München und der DFB Nationalmannschaft.
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Auge verrät: Van Gaal war sein Gag-Vorbild

Auge verrät: Van Gaal war sein Gag-Vorbild

Der Bayern-Kapitän meiner Jugend wird tatsächlich 60. Als die Münchner erstmals nach meiner Geburt Meister wurden (zuvor zuletzt 1974), stand Klaus Augenthaler 1980 schon im Kader. Ingesamt sieben Mal sollte er in den kommenden Jahren die Schale hochhalten, fünfmal sogar mit der Binde am Arm. Ein Vierteljahrhundert nach seinem Karriere-Ende sind wir nun in Herrsching am Ammersee für das Gespräch zu seinem Jubiläum verabredet – und ich habe vergessen, ein Präsent zu besorgen.
Was schenkt man einer Bayern-Legende? Ich parke mein Auto 15 Minuten vor unserer Verabredung beim vereinbarten Lokal und mache mich auf die Suche nach einem Buchgeschäft. Tatsächlich finde ich dort gleich im Aufsteller vor den Bestsellern die Lektüre, die ich mir spontan überlegt habe: Die Rekord-Bayern. Denn mit sieben Titeln ist Auge selbst einer, auch wenn Kahn, Scholl und Schweinsteiger ihn inzwischen an Titeln überholt haben.


Auge sitzt schon bei Kaffee und Kuchen, als ich das Bistro betrete. Überrascht nimmt er mein Geschenk entgegen und packt es auf meine Bitte hin aus. Ein Lächeln huscht ihm über das Gesicht, während er das Buch durchblättert und kurz in der Saison 1985/1986 hängen bleibt. Schon bei meiner ersten Frage nach der spannendsten seiner sieben Meisterschaft kommt er darauf zurück. „1986“, sagt Auge und blickt noch mal auf das Geschenk. „Als mir auch das Foul an Völler unterlief, dass Ihr ja in dem Buch aufgegriffen habt…“ Und schon sind wir mitten im Interview über Morddrohungen, Krokodile in der Isar und gefakte Bilder in der Sportschau (das komplette Interview lest Ihr in der aktuellen Ausgabe von Sport Bild).


Augenthaler erzählt die Anekdoten aus einem ereignisreichen Spieler- wie Trainerleben mit seinem so trockenen Humor, dass es eine wahre Freude ist. Natürlich reden wir auch über sein Verhältnis zu den Medienvertretern. In Erinnerung blieb von seiner Trainer-Zeit beim VfL Wolfsburg die 42-sekündige Pressekonferenz, in der Augenthaler ausschließlich auf seine eigenen Fragen antwortet. 

Der Druck sei damals enorm gewesen, erinnert sich Auge. Zwei Spieltage vor Schluss spielte der VfL gegen den Abstieg. Mit seinem Co-Trainer habe er sich daher vor der PK zusammengesetzt und gesagt: „Wir müssen jetzt ein Zeichen setzen!“ Dabei stießen sie auf eine Pressekonferenz in Holland von Louis van Gaal. Der exzentrische Trainer (was er auch beim FC Bayern unter Beweis gestellt hat) sei das Vorbild für seinen Auftritt gewesen, so Augenthaler, da er die Solo-Nummer praktisch als Vorreiter durchgezogen habe. „Die Idee fand ich klasse!“, verrät nun Auge. 

Er wollte damit auch gar nicht die Journalisten auf den Arm nehmen (was ich im Fall von Louis van Gaal nicht unterschreiben würde), sondern nur klarstellen, um was es ginge. Nicht um ihn als Trainer, über dessen Nachfolger bereits diskutiert wurde, sondern allein um den Verein. Was ihn besonders freute: Ein Journalist, der Augenthaler nach seiner Solo-PK über den Weg lief, meinte dazu sogar, die Fragen seien gar nicht so schlecht gewesen.

Auch ich kann Augenthaler gegenüber bejahen, dass ich die Aktion sehr amüsant fand. Würde er sie aber im Nachhinein wirklich wieder so durchziehen? Darauf Auge: „Vielleicht sollte ich beim nächsten mal den Kaugummi weglassen…“
Ich könnte ewig zuhören, wie Augenthaler über sein Fußball-Leben erzählt. So wie es später Freude macht, die Geschichten aufzuschreiben. Wie bei allen Interviews sende ich ihm den fertigen Text zur Autorisierung. Kurz darauf klingelt mein Telefon. „Herr Falk, ich wollte Ihnen nur sagen, dass sie nichts ändern müssen – alles ist korrekt wiedergegeben. Sehr schön. Vielen Dank.“ Keine Korrekturen? So etwas gibt es heutzutage im Profi-Geschäft Fußball, in dem jedes Wort vor der Freigabe auf die Goldwaage gelegt wird, eigentlich nicht mehr. Das gesprochene Wort zählt bei der älteren Generation eben noch etwas. Zumindest bei Auge.