Hoeneß und die Journalisten
Persönlicher Fußball-Blog von Christian Falk - Fußball-Chef der BILD-Gruppe. Insider-Berichterstattung über den FC Bayern München und der DFB Nationalmannschaft.
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Hoeneß und die Journalisten

Hoeneß und die Journalisten

Mein Telefonat mit Uli Hoeneß für unsere letzte Ausgabe des Jahres (Titel: „Hoeneß schwerste Schlacht“) verlief eher frostig. Es dauerte keine fünf Minuten. Hoeneß will derzeit keine Interviews geben, auch keine Hintergrundgespräche führen. Er fühlt sich von den Medien missverstanden, ja, sogar einer Kampagne ausgesetzt.

Gestritten hat Hoeneß mit Journalisten seit jeher viel, früher schien er aber daran zumindest auch ein wenig Spaß zu haben. Am Ende stand immer ein Ergebnis: Wenn man sich schon nicht auf eine einheitliche Sichtweise verständigen konnte, führte der Austausch der Argumente zumindest zu mehr Verständnis auf beiden Seiten. Und man blieb im Gespräch.

Gemütliche Atmosphäre für kontroverse Gespräche am Tegernsee vor Silvester Gemütliche Atmosphäre für kontroverse Gespräche am Tegernsee vor Silvester

Oft trafen wir uns am Jahresende für diese Gespräche, immer kurz vor Silvester im Freihaus Brenner. Auf 815 Metern Höhe mit Blick auf dem Tegernsee wurden Dinge angesprochen und ausgeräumt. Hoeneß erzählte dabei gerne die Anekdote, dass der Playboy und Jetsetter Gunter Sachs früher die Wohnung über der Gaststätte bewohnt habe und vom Balkon herunter grüßte, wenn man auf der Terrasse saß. Von Sachs kaufte Hoeneß auch das Grundstück, auf dem er nebenan sein Landhaus baute. Es liegt in Fußweite und wurde von seiner Frau Susi mit einem gefühlvollen Händchen für das Tagernseer Tal geplant. Nach seinem Einzug 2006 bat Hoeneß uns einmal nach einem Gespräch zu einer kleinen Führung. Im Laufe der Zeit sollten wir nicht die einzigen bleiben. Jeder der Besucher scheint jedoch ein eigenes Bild aus dem Anwesen mitzunehmen.

Im Hauseingang stand ein Schwein, die Figur so groß ein wie ausgewachsener Hund. Meinen Kollegen Raimund Hinko inspirierte das Glückssymbol für einen Einstieg einer späteren Geschichte über den Bayern-Patron. Von da aus geht es gerade aus ins Wohnzimmer, das sich links zur Küche hin öffnet. Carlo Ancelotti erzählte mir später, dass er auch mal im Hause Hoeneß eingeladen war. Besonders beeindruckt war der Italiener von dem großen Pizza-Ofen, den sich der Bayern-Boss mitten in seine Küche mauern ließ. Er habe Hoeneß damals angeboten, für ihn eine spezielle Pizza bei der nächsten Einladung zu backen. Hoeneß sei aber nie darauf zurückgekommen, bedauerte der Trainer. Hoeneß war von Anfang an nie ein großer Ancelotti-Fan gewesen, obwohl beide eigentlich gut zusammengepasst hätten. Sie lieben gutes Essen wie guten Wein. Doch zusammen fanden sie nie.

Für ein Porträt führte Uli Hoeneß einmal einen Reporter des SZ-Magazins durch sein Heim. Der Journalist beschrieb gleich am Anfang seiner Story den Beckenboden des Pools im Hause Hoeneß. Auch ich habe natürlich dessen spezielle Beschaffung zur Kenntnis genommen: Der Grund ist verziert mit einem Mosaik, das einen Bullen und einen Bären zeigt. Die Symbole der Börse, die das Auf und Ab der Kurse darstellen. Dieses Bild wird Hoeneß vor allem in seiner späteren Steuer-Affäre verfolgen.

Ich persönlich fand den Raum, der sich hinter der Küche befindet, am treffendsten für ein Haus von Uli Hoeneß. Wo andere einen Kühlschrank stehen haben, findet sich dort eine schwere Tür. Als Hoeneß sie öffnet, stehen wir plötzlich in einem Kühlraum, wie man ihn ansonsten nur in großen Restaurants oder Metzgereien findet. Hier lagert Hoeneß die Produkt-Palette des Familien-Betriebs: Bratwürste in nur allen erdenklichen Varianten, vom Nürnberger-Klassiker bis hin zum Bio-Würstl. Ob FC Bayern oder Fabrik – bei Hoeneß ging es schon immer um die Wurst. Das gilt auch für das neue Jahr.

Mag sein, dass sich Hoeneß in der Vergangenheit zu sehr den Medien geöffnet hat. Dabei verstand er jedoch immer wie kein anderer mit ihnen umzugehen. Zuletzt schien ihm dieses Gefühl – unabhängig von der Wut-PK – verloren gegangen zu sein.

 

Wenn Hoeneß über Journalisten schimpft, zitiert er oft Trump, der auch mit den Journalisten unzufrieden ist, weil diese aus Trumps wie Hoeneß‘ Sicht angeblich Fake-News verbreiten. Er selbst verweist zudem auch im Zusammenhang mit seiner möglichen Wiederwahl zum Bayern-Präsidenten auf Trumps Wahl zum US-Präsidenten. Trump habe sein Amt im hohen Alter von 70 Jahren angetreten. Er selbst sei im November 2019, wenn die nächste Bayern-Präsidenten-Wahl ansteht, dagegen erst 67.

Hoeneß tut gut daran, Trump Trump sein zu lassen und bei Kritik wieder ein wenig mehr Hoeneß zu sein.

 

29.12.2016: Gespräch im Freihaus Brenner in Bad Wiessee am Tegernsee. Von links: Tobias Altschäffl, Uli Hoeneß, Raimund Hinko und ich (Photo: Thomas Niedermueller) 29.12.2016: Gespräch im Freihaus Brenner in Bad Wiessee am Tegernsee. Von links: Tobias Altschäffl, Uli Hoeneß, Raimund Hinko und ich (Photo: Thomas Niedermueller)