Rock’n Roll, Baby! Ein Termin mit Jogi Löw
Persönlicher Fußball-Blog von Christian Falk - Fußball-Chef der BILD-Gruppe. Insider-Berichterstattung über den FC Bayern München und der DFB Nationalmannschaft.
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Rock’n Roll, Baby! Ein Termin mit Jogi Löw

Rock’n Roll, Baby! Ein Termin mit Jogi Löw

Für unseren Termin mit dem Bundestrainer hat der DFB einen Tagungsraum im Hotel Royal reserviert. Das Fünfsterne-Haus liegt auf einem Gelände mit dem Mannschafts-Quartier „Ermitage“ und ist mit ihm durch eine Brücke verbunden. Vor dem Foyer läuft uns regelrecht DFB-Präsident Reinhard Grindl in die Arme, der gerade auf dem Sprung zu einem Dinner in Paris ist. Das französische Traditionshaus mit Blick auf den Genfersee wird von den DFB-Funktionären bewohnt. Grindel verabschiedet sich und lässt Jogi Löw schön Grüßen.

Im Mittelpunkt des Interview-Zimmers steht eine riesige blaue Couch, bei der die Sofa-Designer von Bretz vor Neid erblassen würden. Für unseren Fotograf steht sofort fest, dass dies beim Gespräch der Platz für Löw sein muss. Der Bundestrainer verspätet sich ein wenig, heute hat er die Mannschaft länger trainieren lassen. In grauer Schlabberhose und türkisen Shirt kommt Löw herein geschlendert und lässt sich erst einmal einen Espresso aus der Maschine, die im Raum steht. Löw ist ein höflicher Interview-Partner, der sich auch für seinen Gegenüber interessiert und selbst die ersten Fragen stellt: Wie ist das Quartier? Ist die Stimmung unter den Reportern gut? Ist auch die EM-Stimmung zu spüren? Dann sind wir dran. Gut 20 Minuten haben wir für den Termin Zeit. Wenig Zeit für die vielen Fragen, die wir auf den Zettel haben. Wie plant er mit Schweinsteiger? „Er ist ein Trumpf-As, dass wir für den weiteren Turnierverlauf noch im Ärmel haben.“ Ist es eine Belastung, dass ganze zehn seiner Spieler, aktuell mit Klubs um ihre Zukunft verhandeln? „Transfers dürfen ab sofort bei den Spielern kein Thema mehr sein!“ Der Bundestrainer erklärt im Laufe des Gesprächs die Gefahr durch Robert Lewandowski und wieso Jerome Boateng noch mehr als Organisator gefragt ist. Am Ende reden wir noch ausführlich darüber, wie er die drei deutschen Europameister-Trainer erlebt hat. Beim ersten Titelgewinn unter Helmut Schön 1972 war er gerade mal zwölf Jahre alt und interessierte sich noch mehr für die Spieler. Beim Triumph unter Jupp Derwall 1972 wechselte Löw gerade von Freiburg zum VfB Stuttgart und hatte als U21-Spieler Derwall schon mal erlebt . Und als Berti Vogts den EM-Titel 1996 in England holte, saß Löw bereits zuvor als Co-Trainer des VfB in den Lehrgängen des damaligen Bundestrainers. Der Schwerpunkt des Interviews wird dennoch das Überraschungs-Comebacks seines Kapitäns mit dem Tor zum 2:0 gegen die Ukraine werden, wie auch die Schlagzeile der aktuellen SPORT BILD-Ausgabe („Löw exklusiv: Meine Pläne mit Schweini“)

Zu schnell vergehen die vorgegebenen Minuten. Löw steht immer unter dem Druck des Zeitplans, den er selbst vorgegeben hat. Um 13.30 Uhr ist Mittagessen, zu spätkommen ist den Spielern nicht gestattet. „Wenn aber einer zu spät kommen darf, dann sind das ja wohl Sie“, unterstelle ich dem Bundestrainer. Löw schmunzelt, zuckt mit der Schulter und zwinkert als Antwort. Also ja, der Boss darf das.

Für ein kurzes Fotoshooting geht es anschließend noch auf die Terrasse. Löw zeigt auf die gegenüberliegende Seeseite. Er selbst war einst Spieler bei Schaffhausen, Winterthur und Frauenfeld in der Schweiz und gibt uns noch ein paar Tipps, was wir uns unbedingt noch anschauen müssen. Aber auch ich kann dem Bundestrainer eine Geschichte erzählen, die er noch nicht kennt. Im Schweizer Städtchen Montreux, das ebenfalls bei klarem Wetter in Sichtweite am See liegt, logierte 1971 die Rockband Deep Purple. Unterhalb ihres Hotels im Casino gab Frank Zappa zeitgleich ein Konzert, bei dem ein Feuer ausbrach. Der Rauch, der sich anschließend über den Genfersee legte, inspirierte Deep Purple zu ihrem Hit „Smoke on the water“. Löw stutzt, der Titel Sagt ihm adhoc offenbar nichts. Spontan summe ich die unverkennbaren ersten sieben Riffs. Das einschlägige Intro, das auch ich wie fast jeder Gitarren-Anfänger als erstes beherrschte. Löw lächelt, ja, das ist „Smoke on the water“. Es wäre schön, wenn der Bundestrainer vom Genfersee aus bei der Europameisterschaft ähnlich Geschichte schreiben könnte. Rock’n Roll, Baby!