26 Jul. Torwart-Woche mit Titan
Auf den Themenzettel setzte ich mir für die Woche: Torhüter!
Den Auftakt machte ich mit einem Besuch im Trainingslager von Mainz direkt am Chiemsee. René Adler ist vom Hamburger SV zu 05 gewechselt. Zuletzt hatte ich ihn gesprochen, als er gerade vor der WM 2010 zur deutschen Nummer eins bestimmt worden war – und Manuel Neuer als sein Ersatzmann. Zusammen mit Oliver Kahn kam ich ins DFB-Team-Hotel, um das Doppelinterview Eins zu Eins zu führen. Wenig später besuchte ich ihn in Leverkusen, diesmal hatte ich einen Weißkopfseeadler mitgebracht, mit dem ich ihn fotografieren ließ. Letztes Bild erschien nicht bei unsere WM-Serie, denn Adler fiel verletzt für das Turnier aus. Der Rest ist Torwart-Geschichte. Bei Mainz wollte ich nun mit ihm darüber sprechen. Adler nicht. Sein Terminplan war offenbar zu voll. Die SPORT BILD daraufhin auch, zumindest für eine Adler-Geschichte…
Der nächste Termin für zwei Tage später ist dagegen fix. Ron-Robert Zieler erwartete mich zum Interview in Stuttgart. Bei der Nationalmannschaft hatten wir uns schon oft gesehen, nie aber gesprochen, wofür ich mich bei der Begrüßung auch entschuldigte. „Da standen andere mehr im Mittelpunkt“, zeigte sich Zieler verständnisvoll, immerhin war er bei der WM 2014 die Nummer drei. Ich erinnere mich noch gut an die Interviewrunde vor dem Abflug nach Brasilien in Südtirol. An jedem Tisch saß ein Nationalspieler, der von Reportern umlagert Fragen beantwortete. Nur das Trio Höwedes, Draxler und Zieler hatten sich allein an einen Tisch zusammengesetzt, um sich zumindest gegenseitig zu unterhalten. Beim VfB steht Zieler, immerhin Weltmeister, nun dafür im Mittelpunkt. Erstmal gibt’s im Klubheim aber Spätzle mit Linsen und Würstl. Denn: Wenn Du in Stuttgart bist, tu es wie die Stuttgarter!
Für das Gespräch mit Zieler hätte ich mehr Platz gebraucht, um auch seine Erlebnisse als Schüler von Edwin van der Saar bei Manchester United und seine Erinnerungen an den Jugendspieler-Kollegen Paul Pogba niederschreiben zu können. Auf jeden Fall war es sehr interessant. Doch ich musste weiter. Am Abend erwartete mich in München noch ein Torhüter, wenn auch ein ehemaliger – dafür ein Titan seines Fachs.
„Christian, du hier!“, begrüßt mich Oliver Kahn auf einem Lederstuhl in einem Neben-Salon des Hearthouse. Kahn und ich kennen uns schon seit gut 20 Jahren und er weiß natürlich genau, dass wir einen Termin haben, doch er liebt es eben zu scherzen. Die „Medientage München GmbH“ hat für seine Konferenz mit Kahn das „Social Room“ im zweiten Stock angemietet, während unter uns im Club Heart eine Ü30-Party steigt. Oliver hat gerade seine neue TV-App für sein Projekt „Goalplay“ vorgestellt, moderiert wird die Runde von meiner lieben Kollegin Jessica Kastrop. Jetzt nimmt sich Olli für das Gespräch mit mir ein wenig Zeit im Hinterzimmer. Der Titan ist sichtlich gut drauf, die Abendsonne blendet ihn allerdings. „Du weißt schon, dass dies ein mieser Verwandlungstrick ist“, eröffnet er mir und fährt dann erklärend fort: „Du setzt Deinen gegenüber ins Licht, so dass er geblendet wird und sich Unwohl fühlt. Dadurch ist er zu Zugeständnissen bereit.“ Daraufhin muss er selbst lachen, ich sowieso. Die Atmosphäre für unser Torhüter-Gespräch ist perfekt. Am Ende eröffne ich ihm noch, dass James Rodriguez meinem Kollegen Tobias Altschäffl in China gerade erzählt hat, dass er beim FC Bayern als ersten Spieler an Oliver Kahn denken musste. „Es freut einen natürlich, wenn man hört, dass ein Spieler wie James Rodriguez die eigene Karriere verfolgt und sich daran orientiert hat“, setzt Olli ein wenig zu offiziell zur Antwort an, um daraufhin schelmisch hinzuzufügen: „Vielleicht ist er aber auch super-clever und weiß, dass ich die Champions League als ZDF-Experte begleite. Trotz des Kompliments werde ich ihn natürlich auch kritisieren müssen.“ Dann folgt erneut sein unverwechselbares Kahn-Lachen. Damit ist unsere Zeit auch schon um. Oliver muss zurück zu seiner Veranstaltung und ich zum Zug. Mich erwartet ein Hotelzimmer in Augsburg, da ich dort vor dem Vormittagstraining meinen letzten Torhüter-Termin der Woche habe.
Eigentlich bin ich beim FC Augsburg, um mit Fabian Giefer über Fabian Giefer zu sprechen. Doch als ich erwähne, dass ich am Vorabend mit dem Titan zusammensaß, sprechen wir erst einmal über den Titan. „Kahn war das große Idol meiner Jugend, es gab keinen besseren“, schwärmt Giefer, der danach alles über Kahns Torwart-App wissen will. „Ein Oliver Kahn würde bei selber Klasse auch im heutigen Fußball seine Leistung bringen.“ Unser Interview wird über den Konkurrenzkampf mit Marvin Hitz und Andreas Luthe handeln, doch mindestens genauso interessant finde ich Giefers Anekdoten. So erzählt er, dass bei seiner Karriere-Station auf Schalke die Torwart-Handschuhe von Frank Rost im Zeugwart-Zimmer hingen. Giefer selbst hat Pranken, Handschuhgröße 11,5. „Aber als ich in Rosts Handschuhe schlüpfte, dachte ich, da würden meine Hände zweimal reinpassen“, erinnert sich der FCA-Schlussmann.
Schlussmann ist ein gutes Stichwort: Giefer war das auch für mich in meiner Torwartwoche.
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