07 Feb. So lief die Titel-Recherche zu Heynckes
In der aktuellen Ausgabe von SPORT BILD beleuchten wir, wie sehr das Werben von Uli Hoeneß um eine Vertragsverlängerung die Freundschaft zu Jupp Heynckes belastet. Die Zukunft des Triple-Trainers ist das bestimmende Thema rundum den FC Bayern. Wir sprachen dafür unter anderen mit alten Weggefährten wie Dieter Hoeneß (Bruder von Uli), Günter Netzer (Henyckes-Mitspieler bei Gladbach), Fritz Scherer (holte als FCB-Präsident 1987 Heynckes), Paul Breitner (war Hoeneß‘ Zimmergenosse) und Matthias Sammer (holte als FCB-Sportdirektor mit Heynckes und Hoeneß das Triple). Vor allem aber beschäftigten wir uns mit Heynckes selbst und wie er mit der Situation umgeht. Die Recherche zeigte, dass der Rekordmeister gut daran täte, sich langsam mit einem Plan B zumindest zu beschäftigen…
Der Tag vor dem Spiel ist der Tag des Trainers. Höflich nickt mir Jupp Heynckes zu, als er durch die linke Tür den Pressekonferenz-Raum betritt, grüßt mit einem freundlichen „Hallo!“. Heynckes kommt wie einst in der Nationalmannschaft immer von links. Hinter der rechten Tür liegt die Kantine der Bayern-Mitarbeiter, deren Buffett von Sternekoch Alfons Schuhbeck beliefert wird. Viele von Heynckes-Vorgängern nutzten diesen Weg, um sich beispielsweise noch an der Espresso-Maschine zu bedienen. Nicht aber Heynckes. Selbst für einen Express-Kaffee nimmt er sich nicht die Zeit. Er bevorzugt die Treppe , die direkt vom ersten Stock des Trainingszentrum herab führt. Die Fragen der Journalisten beantwortet er niemals in Eile und stets ausführlich. Nur ein Thema nervt ihn: Fragen zu seiner Zukunft…
Ein Radio-Reporter versucht es dennoch, schließlich hat Hoeneß in den Tagen zuvor erneut über die Chancen philosophiert, den Trainer über die Saison hinaus zu halten. „Einer muss sich ja trauen“, eröffnet der Kollege vorsichtig und bittet um Verständnis, dass er ja nur seinen Job mache. Heynckes drückt daraufhin sein Kreuz durch, in Erwartung, was nun unweigerlich kommen wird: die Zukunftsfrage. Habe Heynckes inzwischen nun ein klärendes Gespräch mit den Bossen gesucht? Der Trainer nimmt es professionell: „Wir haben und turnusmäßig zusammengesetzt, das ist richtig“, bestätigt er emotionslos. Er kann nicht verstehen, warum er jede Woche erneut Stellung beziehen muss. Heynckes richtet daher das Wort an die Journalisten, es klingt fast wie ein Appell an die Vernunft: „Der Leser will mit dem Thema nicht mehr konfrontiert werden. Es ist vergebene Liebesmühe. Wir sollten das Thema ad acta legen.“ Schluss? Aus? Wohl kaum. So lange Hoeneß den Kampf um Heynckes nicht aufgibt, wird auch die Zukunftsfrage weitergehen.
Uli Hoeneß weigert sich, einen Plan B in Betracht zu ziehen, auch wenn er die Heynckes-Chancen selbst nur auf zehn Prozent beziffert. Schon einmal ist ihm dieses Vorgehen geglückt, als er Heynckes 2011 den Leverkusener abspenstig machte. Der Fehler der 04-Verantwortlichen war: Sie hatten einen Plan B, Hoeneß nur einen Plan A – und damit umwarb er Heynckes. Am Ende mit Erfolg. Das ist die Grundidee seiner „Charme-Offensive“.
Es ist allerdings eigentlich nicht die Aufgabe von Hoeneß als Präsident und Aufsichtsratschef, einen Plan B zu haben. Es der Job des Vorstands, deren Vorsitzender Karl-Heinz Rummenigge ist. Der Bayern-Boss war so klug, sich nicht gegen die „Charme-Offensive“ von Hoeneß zu stellen. Wer möchte schon der Buhmann sein, der die kleine Chance noch geringer macht, den beliebten Triple-Trainer zu halten. Allerdings: Ich glaube schon, dass Rummenigge sich einen Plan B zu Recht gelegt hat. Alles andere wäre ja auch fahrlässig.
Wie Rummenigges Plan B aussieht, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Der Vorstandschef schweigt dazu. Der Kreis der Kandidaten ist allerdings klein. Dass sich die Bayern-Führung auf einen Deutsch-sprachigen Trainer festgelegt hat, macht ihn nicht gerade größer.
Als Hoeneß lange mit Julian Nagelsmann öffentlich flirtete, hielt sich Rummenigge auffällig zurück. Inzwischen räumte auch Hoeneß ein, dass es wohl schwer vorstellbar wäre, wenn der 30-jährige Coach einem 35-jährigen Spieler erklären müsse, dass er auf der Bank sitzt. Den Namen Franck Ribéry nannte Hoeneß dabei nicht, wobei unter den Spielern allein der Franzose in diesem Frühjahr seinen 35. Geburtstag feiert (übrigens ein Fingerzeig wie Hoeneß zu einer Vertragsverlängerung seines Lieblingsspielers steht).
Ralph Hasenhüttl durfte lange als ernstzunehmender Kandidat gelten. Der Österreicher spielte von 2002 bis 2004 für die Amateure des FC Bayern, gab damals den Führungsspieler für junge Talente wie Philipp Lahm. Mit seiner Aussage, der Job beim Rekordmeister käme für ihn zu früh, nahm er sich für 2018 selbst aus den Rennen. Für das Mia-san-mia-Verständnis der Bayern-Bosse ist diese Art von Understatement schlichtweg unvorstellbar.
Frankfurts Trainer Niko Kovac hat ebenfalls FCB-Stallgeruch, allerdings auch keine tiefen Spuren in seinen zwei Jahren im Klub (2001 bis 2003) hinterlassen. Kovac wechselte, als er nicht mehr zum Stammpersonal gehörte (Bruder Robert blieb dagegen zwei Jahre länger). Dass Kovac-Chef Fredi Bobic kürzlich im TV verbreitete, er wisse, wer der nächste Bayern-Coach werden würde, darf als Schutzmaßnahme gegen die Spekulationen gelten, dass Kovac‘ Heynckes beerben könnte. Doch wen könnte der Eintracht-Sportvorstand meinen? Wenn ich tippen müsste, würde ich sagen: Thomas Tuchel.
Damit hätte Bobic zumindest die Lösung erraten, die Rummenigge schon vor der Heynckes-Rückholaktion vorschwebte…
Die Reportage zum Blog lesen Sie als Titelthema „Hoeneß & Heynckes – So leidet ihre Freundschaft“ in der aktuellen Ausgabe von SPORT BILD.