Die Qual der Weltfußballer-Wahl
Persönlicher Fußball-Blog von Christian Falk - Fußball-Chef der BILD-Gruppe. Insider-Berichterstattung über den FC Bayern München und der DFB Nationalmannschaft.
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Die Qual der Weltfußballer-Wahl

Die Qual der Weltfußballer-Wahl

Der Mann ist bekanntlich schnell. Heute ist Sadio Mané aber Letzter. Der Liverpool-Angreifer ist ein wirklich netter Typ. Er tut sich sichtlich schwer, den vielen wartenden Reportern in der Salzburger „Red Bull Arena“ ein paar Antworten zum Einzug ins Achtelfinale des FC Liverpool zu verweigern. Doch Jürgen Klopp wartet mit allen fertig geduschten Spielern im Mannschaftsbus. Der Mitarbeiter der Medienabteilung muss Mané mit sanfter Gewalt zur Abfahrt schieben. Als Mané an mir vorbei geht, singe ich ihm ein leises „Mané, Mané!“ zu. Der Stürmer dreht sich noch einmal um, dann lacht er mich breit grinsend an. „Hello my friend!“, begrüßt er mich. Wir beide kennen uns zwar erst seit zwei Interviews, doch gleich beim ersten bat ich ihn mit mir einen Liverpool Song zu singen („Salah, Mané, Mané, …“). Das Video ging viral. Eine Song-Einlage vergisst auch ein Liverpool- und Welt-Star nicht. „Ich muss leider zum Bus“, entschuldigt sich Sadio und deutet auf seinen drängenden Begleiter. „Schon okay“, rufe ich ihm hinterher, während er noch mal winkt. 

„Es ist eine Schande, Mané auf dem vierten Platz zu sehen“, hatte der Sieger Lionel Messi nach der Weltfußballer-Wahl gesagt. Ich kann dem nur zustimmen. In Salzburg hatte ich allerdings die Gelegenheit, mit dem Mann zu sprechen, den ich 2019 als Weltfußballer gesehen habe (und für den ich bei der Wahl des Guardian auch gestimmt habe): He’s Virgel van Dijk.

Der 1,93-Mann war sichtlich ein wenig genervt, dass ihn alle Journalisten zu Salzburgs Sturmtalent Erling Haaland löcherten. Er bittet uns, von weiteren Fragen zu dem Norweger abzusehen. Ich will aber gar nichts mehr zu Haaland wissen. Ich will mit dem derzeit besten Verteidiger der Welt über den meines Erachtens besten Stürmer sprechen. Bei der Weltfußballer-Wahl landete Lewandowski nur auf Platz 8. Darum frage ich jetzt van Dijk (Platz zwei): „Ist für Sie Robert Lewandowski derzeit der beste Angreifer?“ Van Dijk ist bei seinen Überlegungen anzusehen, dass er nicht seine Teamkollegen Mohamed Salah, Roberto Firmino und Mané verärgern möchte. Diplomatisch antwortet er daher: „Ich weiß nicht ob er der Beste ist, aber derzeit ist er in Topform.“ In van Dijks Worten schwingt viel Respekt mit. Ich probiere es nun anders, verweise auf Lewandowskis bisherige 10 Tore in der Champions League und dass van Dijk mit Haaland (8 Tore) gerade einen Torjäger-Konkurrenten aus dem Rennen geworfen habe. Frage diesmal: Krönt sich Lewandowski denn zum besten Stürmer der Königsklasse 19/20. Van Dijk dazu: „Es kommt jetzt die Knockout-Phase. Mal sehen, wer bis zum Ende mit dabei sein wird. Davon hängt viel ab.“ Ich merke schon: In Sachen Lewandowski ist heute nicht viel zu holen. Deshalb wechsle ich ein letztes Mal das Thema. Ich frage: nach seinem Trainer. Die Mine des Verteidiger-Hünens hellt sich nun sichtlich auf. „Klopp?“, sagt van Dijk und wird nun erstmals richtig enthusiastisch: „Er ist ein fantastischer Trainer! Ich hoffe, wir werden ihn noch lange behalten!“ Sein Wunsch wird erfüllt werden: Drei Tage nach der Partie verlängert Klopp bis 2024 in Liverpool.

In dem Moment schlendert Klopp auch schon an uns vorbei. Die BILD-Reporter erkennt er natürlich. „Bitte keine Fragen mehr. Ich habe gefühlt gerade 26 Stück auf der Pressekonferenz beantwortet.“ Was ist dem zu erwidern, außer: „Glückwunsch und gute Heimfahrt!“ Klopp war wie van Dijk ebenfalls beim „Ballon d’Or“. Der Deutsche wurde „Welttrainer des Jahres“.

 

Die Weltfußballer-Wahl lässt niemand kalt, der sich für Fußball interessiert. In unserer SPORT BILD- Rubrik „Pro/Contra“ hatte ich mich nach der Ehrung von Messi beim „Ballon d’Or“ für van Dijk ausgesprochen. Kurz nach Abpfiff des folgenden Abendspiels des FC Barcelona bekam ich eine WhatsApp. Es ist ein Screenshot des Ergebnisses von 5:2 mit dem dreifachen Torschützen: Messi. Dazu schreibt mir Lothar Matthäus: „Weltbester Spieler“ und fügt einen Daumen-Hoch-Emoji an. Daraufhin erstelle ich selbst einen Screenshot. Vom 3:0-Sieg des FC Liverpool in Bournemouth umkreise ich rot die Null. Mein Text dazu lautet: „Dieses Jahr bin ich trotzdem für van Dijk“. Lothar ist schnell beim Antworten, schreibt: „Mannschaft nicht Einzelspieler“. Die Leistung der Defensive schreibt er der gesamten Verteidigung zu. Ich plädiere für den Abwehrchef und kontere: „Ab und zu darf auch mal ein Defensiv-Künstler die Auszeichnung bekommen.“ Lothar: „Natürlich“. Dazu fügt er an: „Aber nicht solange es Messi gibt.“ Strahlendes Smiley. Ich gebe mich geschlagen. Es ist schwierig gerade Lothar in dieser Diskussion zu widersprechen: Matthäus ist immerhin unser einzige deutscher Weltfußballer (1990, 1991).