Hoeneß: „Herr Falk, ist das für Sie Abseits?“
Persönlicher Fußball-Blog von Christian Falk - Fußball-Chef der BILD-Gruppe. Insider-Berichterstattung über den FC Bayern München und der DFB Nationalmannschaft.
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2021
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Hoeneß: „Herr Falk, ist das für Sie Abseits?“

Hoeneß: „Herr Falk, ist das für Sie Abseits?“

Die Katakomben des ehemaligen Leipziger Zentralstadions, 18.13 Uhr. Die Mannschaft des FC Bayern hat gerade 0:0 gegen Gastgeber Rasenball gespielt. Da Dortmund zeitgleich 3:2 gegen Düsseldorf gesiegt hat, ist das Meisterrennen auch bis zum letzten Spieltag weiterhin offen. Die meisten Bayern-Stars sitzen bereits im Bus, der Arbeitstag für uns Reporter scheint beendet, als hinter mir eine Stimme ertönt. „Herr Falk, ist das für Sie Abseits?“

Uli Hoeneß, der es sich bereits mit Penne Bolognese und einem Bier in der ersten Reihe des Mannschaftsbusses bequem gemacht hatte, ist doch noch mal ausgestiegen. Nun hält er mir sein Smartphone vors Gesicht, auf dem die spielentscheidende Szene zu sehen ist: Robert Lewandowski angeschnitten von der kalibrierten Abseitslinie des Video-Beweises. In der Folge wurde das 1:0 von Leon Goretzka aberkannt.

Hoeneß wettert: „Das ist doch gleiche Höhe!“ Antworte ich ihm nun als Journalist, müsste ich sagen: Dennoch ist es Abseits! Als Fußball-Liebhaber sage ich Hoeneß allerdings dazu: „Ich kann Sie ehrlich verstehen. Das sind wirklich nur Millimeter.“

Hoeneß und ich sind nicht immer einer Meinung. Oft sogar sehr unterschiedlicher. Erst wenige Minuten zuvor fuhr er mich noch an, weil ich uns Journalisten nicht von ihm die Schuld an der aktuellen Trainer-Diskussion beim FC Bayern in die Schuhe schieben lassen wollte. Ich entgegne, dass die Aussagen von Karl-Heinz Rummenigge kamen, welche die Zukunft des Trainers in Frage stellten – nicht von uns Reportern. Hoeneß schnauft dazu tief durch, schweigt danach aber.

Meister oder nicht Meister – das war hier die Frage!

Wie den Bayern geht es nämlich auch anderen Meister-Kandidaten. So entschied in England die Torlinien-Technik über eine vielleicht meisterschaftsentscheidende Szene. Beim Tor zum 1:0 von Manchester City gegen Burnley am 36. Spieltag war der Ball gerade mal 2,8 Zentimeter hinter der Linie. Die Uhr von Schiedsrichter Paul Tierney zeigte aufgrund des Hawk-Eye-Systems an: Tor. Titel-Rivale Liverpool dürfte sich an diesem Nachmittag ähnlich über die bis zum Verrücktwerden penibel genaue Technik geärgert haben, wie die Bayern nun in Leipzig.

In einem Punkt irrt Hoeneß allerdings. Er argumentierte: „Nur bei groben Fehlern darf der Video-Schiedsrichter eingreifen!“ Das ist so nicht richtig. Alle Tore werden überprüft, immer auch auf Abseits.

Herr Falk, ist das für Sie Abseits? Nein, für mich nicht. Für die moderne Technik, der wir im Fußball das Tor geöffnet haben, allerdings schon. Und sie bestimmt mehr und mehr das Geschehen auf dem Rasen. Eins kann alle die neue Technik uns aber ganz offensichtlich trotz zwischenzeitlicher Befürchtungen dennoch nicht nehmen: Unsere wunderbaren Diskussionen über den Fußball.

Darauf ein Bier, sehr gerne mit Penne Bolognese!

(die Handy-Selfies werden am Computer auf den Kopf dargestellt gezeigt. Ein technisches Problem, für das ich noch keine Lösung habe. Ich bitte dafür um Entschuldigung)